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Ein Betroffener schreibt mir in einer Mail:
“Es geht mir inzwischen recht gut und ich fühle mich auch bezüglich Sucht stabil. Ich war bei einem Psychiater, der hat ADS diagnostiziert, und mit den Medis gegen ADS fühle ich mich viel stabiler. Hinzu kommt noch, dass ich jetzt täglich eine halbe Stunde jogge, das hat mein Lebensgefühl zusätzlich stark verbessert.

Bei meiner Beschäftigung mit ADS bei Erwachsenen habe ich festgestellt, dass sehr häufig unerkanntes ADS Süchten zugrunde liegt. Mit in der Kindheit unbehandeltem ADS ist das Suchtrisiko bei Jugendlichen und Erwachsenen um ein Mehrfaches höher als bei Nicht-ADSlern oder medikamentös behandeltem ADS. Das ständige Ueberflutet-Werden mit Gedanken, Eindrücken, Gefühlen, Ideen, dazu die mangelnde Selbststeuerung (Umgang mit diesen Gedanken, Gefühlen etc., Selbst-Organisation etc.) erhöht das Sucht-Risiko gewaltig. Merkwürdigerweise ist mir dazu in der Literatur, Websiten etc. über Sexsucht noch nie etwas begegnet.”




Sucht und ADHS (Beobachtung, Diskussionsbeitrag):

Fachpersonen bestätigen untenstehende Beobachtungen, dass ADHS und Sucht einen Zusammenhang haben könnte. In der Diskussion noch nicht aufgetaucht ist die Frage, ob diese Beobachtungen auch auf die Sex- und Pornosucht ausgeweitet werden kann.

Was aber ist ADHS?
Mit ADHS wird eine Störungen der Konzentrationsfähigkeit, der Planungs- und Handlungskontrolle, durch Störungen der Impulskontrolle sowie durch motorische Hyperaktivität in Verbindung gebracht. Diese Störung ist ausgeprägt und führt schon in der Kindheit zu Problemen. Die ADHS ist eine ernsthafte Beeinträchtigung. Sie kann bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Lern- und Verhaltensstörungen, Depressionen, Angststörungen, Suchtprobleme und andere psychische Erkrankungen hervorrufen.


Sucht als Selbstheilungsversuch
Sowohl bei bisher nicht diagnostizierten ADHS-Jugendlichen wie auch Erwachsenen haben wir in unseren beiden Praxen wiederholt Suchtprobleme beobachtet, wobei vor allem Cannabis insofern heimtückisch wirkt, indem es primär die Aufmerksamkeit und die innere Unruhe verbessert, gleichzeitig aber die ADHS-Symptomatik verschlimmern kann.Diese Selbstmedikation kann sich also leider wie ein Bumerang auswirken. Unter Genfer drogenkranken Jugendlichen hat Déglon festgestellt, dass eine grosse Anzahl davon eine nie erkannte und nie behandelte ADHS aufweist! Bei ADHS und existierenden Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen sollte in der Regel zuerst eine Abstinenz erzielt werden, bevor eine Therapie mit Stimulanzien erwogen wird. In speziellen Situationen können jedoch erfahrene Fachleute auch anders vorgehen. (aus: Ein Leben lang zerstreut, Doris & Meinrad Ryffel)


Der Zusammenhang zwischen Sucht und ADHS ist letztlich unklar. Bei Jugendlichen mit ADHS finden sich bei 1/3 Anzeichen eines Drogenmissbrauchs oder einer Abhängigkeit.
Das Risiko eine Suchtstörung zu entwickeln, ist bei ADHS um das zwei- bis dreifache erhöht. Existiert neben dem ADHS noch eine Störung des Sozialverhaltens, ist das Risiko noch höher. Bei Jugendlichen mit ADHS beginnt der Drogenmissbrauch früher und der Verlauf ist schwerer und länger. Lebensgeschichtlich tritt ADHS vor der Sucht auf. Eine genetische Grundlage und familiäre Einflussfaktoren, scheinen für beide Störungen relevant zu sein. Kinder und Jugendliche mit ADHS erfüllen häufig die Erwartungen ihrer Umwelt nicht. Es kommt zu Abwertungen, Ausgrenzungen,
wenig Akzeptanz bei den Gleichaltrigen und in der Folge zu Frustration, mangelndem Selbstwertgefühl und einer Verstärkung komorbider Symptome. Durch den Konsum von Drogen finden die Jugendlichen Akzeptanz in der Gruppe der Konsumenten. Unruhe, Angst, Aggressivität und depressive Symptome werden durch den Konsum von z.B. Cannabis subjektiv gemindert. Die durch die ADHS Symptomatik verstärkt erfahrene Ausgrenzung, Abwertung, etc. kann mithilfe der Drogen im Sinne einer Selbstmedikation
zumindest vorübergehend gelindert werden. (Wilens 2004) Die Hauptdroge ist Cannabis. Amphetamine und Kokain werden nicht ungleich häufiger von Jugendlichen mit ADHS konsumiert.



Sucht, ADHS und Medikation:

Stimulanzien, wie z.B. Methylphenidat, zeigen eine gute Wirkung bei ADHS. Ein direkter Effekt auf den Substanzmissbrauch konnte nicht nachgewiesen werden. Eine
bestehende Suchtproblematik wird durch Stimulanzien nicht verstärkt. Die Behandlung führt bei entsprechender Indikation zu keiner Suchtentwicklung. Das deutlich erhöhte
Risiko bei ADHS eine Suchtstörung zu entwickeln, wird durch eine frühzeitige und multimodale Therapie auf das Niveau gesenkt, wie bei Kindern und Jugendlichen ohne ein ADHS.
Methylphenidat verursacht bei sachgemäßer Einnahme keinen „kick“, wie andere Stimulanzien oder Kokain. Alternativ können Retardpräperate oder Antidepressiva verordnet werden.
Zur Beurteilung der ADHS Symptomatik, ist eine mindestens einmonatige Drogenabstinenz wünschenswert. Ein ausgeprägter Substanzmissbrauch muss vorrangig behandelt werden, ggf. auch stationär. Ärzte und Therapeuten sollten
mit der Drogenproblematik und ADHS vertraut sein. Medikation ist dabei Teil eines multimodalen Therapieansatzes. (Wilens 2004)


Sucht:
Auch die Ursache der Sucht ist multifaktoriell. Hier sei auf ein Ergebnis der Adverse Childhood Experience Study (ACE Studie) hingewiesen. Untersucht wurden die Ursachen der zehn häufigsten Todesursachen, u.a. die Sucht. Verglichen wurde der Gesundheitszustand bei Erwachsenen mit belastenden Kindheitserfahrungen. Es zeigte sich, dass der Konsum von Nikotin, Alkohol und intravenösen Drogenkonsum, proportional zu dem Ausmaß negativer Kindheitserfahrungen war. (Felitti 2003)


Zusammenfassung:
Bei drogenmissbrauchenden Jugendlichen kann ADHS Teil eines komplexen Krankheitsgeschehens sein, wenn es in der Kindheit nicht frühzeitig erkannt und behandelt wird. ADHS kann in einen Kreislauf der Ausgrenzung und Abwertung führen, wobei Drogen im Sinne eines Selbstheilungsversuches von den Jugendlichen genommen werden.


Buchtip: Am Abgrund - ADHS und Sucht... Was nun?, Fachbeiträge, Herausgeber: Bundesverband Aufmerksamkeitsstörung/Hyperaktivität e.V., Postfach 60, 91291 Forchheim

mehr Infos zu ADHS unter: www.adhs.ch